Freitag, 17. Juli 2015

Tag 7 03:52 - 03:51 (24.06.-25.06.)

Ich bin schon um 9 wach, wieso nur bin ich so früh wach? Mein Hals ist ein wenig besser, ich räume ein wenig das Zimmer auf, weil ein Freund nachher vorbei kommen will, um seine Uni Bewerbungen zu machen.

Kurz gehe ich an den Kühlschrank und sehe hinein. Wir haben alles im Überfluss. Wir haben so viel von allem, ich kann mich kaum erinnern, wie oft wir schon schimmlige Zucchini wegwerfen mussten. Der Kühlschrank voll, der Tiefkühler voll. Falls mal jemand Hunger hat und keine Lust zu kochen hat. Teures Essen, für die faulen Menschen - oder für die, die keine Zeit haben.

Er kommt äußerst spät. mir ist schon wieder so langweilig - was habe ich eigentlich den ganzen Vormittag gemacht? Wir füllen die Online-Bewerbungen der Unis aus und diskutieren, ob er die Anforderungen erfüllt. Meine Mitbewohnerin kommt nach Hause und geht mit einer gemeinsamen Freundin joggen, sie fragt, ob wir mit dem Fahrrad mitkommen wollen. Ich halte das ja für keine so gute Idee mit dem Fasten und den Halsschmerzen, aber er will mit, also füge ich mich. Es ist äußerst entspannend, durch den Wald zu fahren und den Kopf frei zu bekommen. Die Luft, die Vögel, die Mücken... die Fliegen. Ich drehe mich um, um ihm etwas zuzurufen, in dem Moment, als ich den Mund aufmache, macht es bssst... flupp - und die Fliege landet unabsichtlich in meinem Magen. Oh nein! Ich habe eine Fliege verschluckt! Davon abgesehen, dass es unglaublich widerlich ist - habe ich jetzt damit das Fasten unterbrochen? Wenn wir schon dabei sind - der Mensch verschluckt 2 Spinnen pro Jahr im Schlaf - was, wenn ich sie Nachts nach 3:51 Uhr verschlucke? Ich rufe ihm zu: "Ich habe eine Fliege verschluckt! Ist das jetzt haram?" Er lacht und sagt ja. Oh weia. Die Mädels kommen lachen und lachen sich scheckig. Ich finde das weniger witzig. Da sagt eine von beiden: "Jetzt hast du gegessen, jetzt kannst du das auch bleiben lassen für heute."

An einer Stelle dürfen wir mit dem Fahrrad nicht weiter. Die Damen joggen weiter und wir beiden fahren mit dem Fahrrad wieder zurück. Dazwischen ist ein ziemlich langer und steiler Berg - downhill zu fahren ist gigantisch... zurück eher nicht so. Oben angekommen wird mir schwindelig. Er sagt: "Pause?" Ich nicke. Er fragt: "Warum machst du Ramadan? Du kannst was trinken. Du musst nicht fasten. Das ist dumm." Wie soll ich ihm das erklären, was ich mache? Die Strecke über bin ich still, bis wir fast zu Hause sind. Dann sage ich ihm: "Ich wünsche mir eine Welt, in der niemand diskriminiert wird für seine Religion oder seine Anschauungen. Wo die Menschen einander verstehen, akzeptieren und respektieren. Ich will zeigen, dass man andere nur verstehen kann, wenn man Dinge selbst ausprobiert. Toleranz ist nicht etwas, das man einfach so hat, man muss es lernen. Und ich will gegen jeden einzelnen engstirnigen Menschen ankämpfen. Findest du das immer noch dumm?" Er lächelt. "Ja." Ich weiß, wenn er dürfte, würde er mich nun in den Arm nehmen (kein Körper Kontakt im ramadan).

Ich koche Linsensuppe (vorher waren wir noch schnell einkaufen) und er will, dass ich dschimus mache (so eine Art Rührei, würde ich mal sagen) aber ich weiß nicht, wie ich das alles essen soll. Dann mache ich noch Obstsalat. Naja gut, eigentlich andersrum (auch egal, jetzt). Jedenfalls sagt er, ich soll die Linsensuppe pürieren, weil das dann besser schmeckt. An sich ist das Quatsch - eine Birne schmeckt immer nach Birne, egal ob in Würfeln, in Scheiben oder am Stück. Aber gut. Wir kabbeln uns ein wenig und ich muss grinsen. "Warum bist du so stur?" Er meint: "DU bist stur." Da antworte ich keck: "Ich bin Ausländer, ich darf das." Er grinst wieder.

Die beiden Mädels sind essen gefahren. Was mache ich eigentlich mit der Torte? Ich gebe ihm Obstsalat mit (weil zu viel) und will ihm auch Torte mitgeben, aber er will nicht. Er meint, er sei kein kleines Kind.

Als er geht, habe ich noch 1,5 äußerst lange Stunden bis zum Iftar.

3 Datteln
2 Schüsseln Linsensuppe
3 Scheiben Brot (Ja ich weiß)
1 Stück Torte

Kein "Frühstück". Ich mache morgens den Wecker aus und schlafe einfach weiter, trinke aber noch ordentlich Wasser. Auf einen neuen Tag!

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